Doofe Deutsche Schulreformen
Nur die UN und die Wirklichkeit schaffen Schulreformen
Gott, war das peinlich! Ein französische Journalistin wollte von mir wissen, ob die deutsche Schulreformen seit dem Pisaschock eigentlich zielgerichtet waren. Und als ich das alles zu erklären versuchte, musste ich mich richtig schämen: Wie blöd kann ein Land eigentlich sein, seinen Kindern eine so ungerechte und schlechte Schule zuzumuten - und sich gleichzeitig weigern, es einfach besser zu machen.
Peinlichkeiten und Wirklichkeitsverweigerungen
Deutsche Schulreformen seit Pisa 2000 sind eine Aneinanderreihung von Peinlichkeiten und Wirklichkeitsverweigerungen. Inzwischen hat sich die Wirklichkeit zwar so einigermaßen durchgesetzt - die hirntote und schülerpeinigende Hauptschule bekommt selbst von der CDU keine Infusionen mehr. Man könnte es so abkürzen: In Deutschland schaffen nur der Zwang der Vereinten Nationen und der Druck der Wirklichkeit Schulreformen. Freiwillig machen die KuMIs (Kultusminister) nichts.
(Aber, das wird lustig, zum Abschied sagt die CDU nicht etwa leise "Servus Hauptschule!", sondern sie rächt sich bitter an Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU): Sie wird - das ist meine Prognose - zurücktreten müssen. Weil sie der CDU ihre Ideologie austreiben wollte.)
Hier nun ein paar Zitate, die zeigen, wie bekloppt deutsche Schulreformen sind.
(Liebe Lehrer, ich freue mich sehr auf Eure Beiträge! Schreibt ruhig auf, dass ihr Euch total Mühe gebt und die Hauptschule doch irgendwie ganz doll ist. Aber bedenket: Ich spreche zunächst vom Schulsystem und nicht direkt von Euch. Ihr könnt eigentlich nichts dafür, ihr seid nur die Funktionäre eines ungerechten, ungesunden und ineffizienten Schulsystems.)
Großes Reformgewurstel
"In Deutschland gab es zahllose Schulreformen seit dem Pisaschock im Jahre 2001. Es war wie ein großes Reformgewurstel, aber kein zielgerichtetes Verbessern der entscheidenden Schwäche: Bekämpfung der Bildungsarmut und Ungerechtigkeit des deutschen Schulwesens.“1
3 Beispiele: Schulformen, Ganztagsschulen und G8
Schulformen
Hintergrund: Die Kultusminister behaupten seit 2001, die Schulstruktur habe mit der Ungerechtigkeit des Schulsystems nichts zu tun. Das ist natürlich blanker Unsinn, wie man an der Zusammensetzung der Hauptschulen leicht erkennen kann. Dort ballen sich – was statistisch vielfach belegt ist - die Risikoschüler. Das ist ja auch Idee und Ziel der deutschen Schule, die mit 10 Jahren die Kinder in gute und schlechte einteilt und auf die Schulformen nach LEISTUNG verteilt. Das dreigliedrige Schulsystem ist in Wahrheit sogar in vier Formen gespaltet – in Sonder-, Haupt- und Realschule sowie Gymnasium.
"Inzwischen schaffen nahezu alle Bundesländer die hoffnungslosen Hauptschulen ab. Und fusionieren sie mit den Realschulen. Aber das ist keine gezielte Reform, sondern ein unkoordinierter Rückzug von einer unhaltbaren ideologischen Position. Die soziale Wirklichkeit setzt sich durch.“
(Nur Hessen besteht weiter auf Hauptschulen, Bayern benennt sie lediglich in Mittelschulen um. Als erstes Bundesland führte Schleswig-Holstein 2007 Gemeinschaftsschulen ein. Die östlichen Bundesländer hatten bereits in den 1990er reformiert. Die vorerst letzten Bundesländer, die die Hauptschulen abschaffen, sind Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Liebe Lehrer, bitte jetzt beschweren, dass die Sache in NRW viel viel komplizierter ist.)
Babylonisches Namenschaos
„Das Ergebnis ist ein babylonisches Namenschaos bei den Schulen: Die Nachfolger der Hauptschulen heißen – Oberschule, Regelschule, Sekundarschule, Mittelschule, Realschule plus oder Regionalschulen. Die integrierten Formen mit Abitur heißen Gesamtschulen oder Gemeinschaftsschulen.“
„Alle Pisaforscher empfahlen, den Dschungel von Schulformen zu lichten und neben dem Gymnasium nur noch eine integrierte Schulform mit Abitur zu belassen. Die Kultusminister lehnten das jahrelang aus ideologischen Gründen ab.“
„Deutschland ist - bildungspolitisch gesehen - ein Schurkenstaat. Die Sonderschulen müssen aufgelöst werden – auf Befehl der Vereinten Nationen, die das Aussortieren von Behinderten aus dem allgemeinen Schulwesen als menschenrechtswidrig eingestuft haben. Aber die Länder wehren sich dagegen.“Ganztagsschule
Ganztagsschule
„Die Ganztagsschule war die einzige koordinierte Reform, kein Wunder, der Bund finanzierte sie damals mit der teuersten Schulreform aller Zeiten: Rot-Grün stellte im Jahre 2002 ingesamt 4 Milliarden Euro für den Umbau von Halbtags- zu Ganztagsschulen zur Verfügung. Aber die Bundesländer fühlten sich durch die Initiative in ihrer so genannten Kulturhoheit der Länder verletzt.“
[Bildung ist Aufgabe der Länder; die Kultusministerkonferenz ist älter als das deutsche Grundgesetz.]
Ohne Verfassungsänderung keine Schulinvestition
„Die Umsetzung der Reform war typisch deutsch: Die konservativen Ministerpräsidenten nahmen das Geld für die Baumaßnahmen zwar zähneknirschend an. Aber sie stellten so gut wie kein zusätzliches Personal zur Verfügung. Und ließen danach sofort die Verfassung ändern: Seitdem (2006) gibt es in Deutschland ein Kooperationverbot zwischen dem Bund und Ländern. Das heißt: Der Bund darf sich in die Schulangelegenheiten der Länder grundsätzlich nicht mehr einmischen.“
„Das ist vollkommen absurd! Während der Finanzkrise wurden sofort viele Milliarden Euro für die Verschrottung von alten Autos ausgegeben. Aber für ein Konjunkturprogramm in den Schulen (Computer, Umbau etc.) musste die Verfassung erst geändert werden – weil dem Bund Finanzspritzen in die Schulen verboten waren!“
Ganztagsschule
Die Verkürzung der Gymnasien von neun auf acht Jahre hat mit Pisa nichts zu tun. Diese Idee kam vorher auf, weil deutsche Abiturienten im Vergleich zu anderen ein bis zwei Jahre älter sind.
„Die G8-Reform ist ein Musterbeispiel für die blockierte Kultusministerkonferenz. Die Schulminister einigten sich auf die Verkürzung der Schulzeit um ein Jahr. Aber eine Reduzierung der Inhalte blieb in den wirren Gremien stecken. Das heißt: Die Schüler müssen nun in acht Jahren praktisch den selben Stoff lernen wie vorher in neun Jahren. Die Proteste dagegen flammten aber erst auf, als die Eltern und Schüler merkten, dass sie nun viel mehr büffeln müssen – und praktisch keine Freizeit mehr haben. Da war die G8-Reform aber längst beschlossen.“
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Fußnote
1Bildungsarmut: Bei Pisa 2000 – veröffentlicht 2001 – wurden fast 25 Prozent Risikoschüler und funktionale Analphabten gemessen; 2009 sind es immer noch 20 Prozent. In den Hauptschulen konzentrieren sich teilweise 60 bis 90 Prozent der Risikoschüler; bei der Kompetenz Lesen produzieren ALLE BUNDESLÄNDER mehr Risikoschüler (schlechte Schüler) als Spitzenschüler – Sachsen 11,9 % (Risikosch.) zu 10,3 % bis Hamburg 27,8 zu 9,6 % (siehe Anhang Prenzel, Folie 8)
Ungerechtigkeit: Kinder von Akadmikern haben eine sechs Mal so große Chance, aufs Gymnasium zu kommen als Kinder von Arbeitern – BEI GLEICHER INTELLIGENZ UND GLEICHEN FÄHIGKEITEN. Von 100 Beamtenkindern landen 82 auf der Hochschule, von 100 Arbeiterkindern 23
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